Der Trollinger – Eine schwäbische Geschichte im Glas

Kai Nagel

Es war ein warmer Sommerabend in den schwäbischen Weinbergen. Die Sonne ging langsam unter, und der Duft von reifen Trauben lag in der Luft. Inmitten der idyllischen Landschaft saß mein Großvater mit einem Glas tiefrotem Wein in der Hand. Es war der Trollinger, das schwäbische Nationalgetränk, das er so sehr liebte.

Schon als Kind durfte ich immer mal wieder davon nippen. Der Geschmack des Trollingers mit seinem leichten, rassigen Charakter ist mir bis heute in Erinnerung geblieben. Es war ein Stück meiner Kindheit, eingefangen in einem Glas.

Der Trollinger, die meistangebaute Rotweinsorte in Württemberg, hat eine faszinierende Geschichte. Ursprünglich stammt die Rebsorte vermutlich aus Südosteuropa und gelangte im Laufe der Jahrhunderte nach Oberitalien und schließlich nach Württemberg. Dort fand sie ein Zuhause und entwickelte sich zu einer regionalen Spezialität.

Die Trollinger Rebe

Die Trollinger-Reben fühlen sich auf warmen Böden am wohlsten, besonders auf Keuper oder Muschelkalkformationen. Doch sie stellen hohe Ansprüche an die Lage, denn die späte Reifezeit erfordert eine sehr gute Positionierung, idealerweise frostfrei. Die Rebsorte ist ertragreich und kann auch auf armen Böden in weiträumig angelegten Weinbergen gedeihen. Mit einem Mostgewicht im Qualitätsweinbereich und ungewöhnlich hoher Säure für einen Rotwein bringt der Trollinger seine einzigartigen Eigenschaften zum Ausdruck.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Anbaufläche des Trollingers kontinuierlich entwickelt. Von 1960 bis 1995 wuchs sie um etwa 1.000 Hektar und erreichte eine Verbreitung von etwa 2.500 Hektar. In den letzten Jahren ist die Fläche leicht gesunken, aber der Trollinger bleibt die meistangebaute Rotweinsorte in Württemberg, noch vor Lemberger und Schwarzriesling. Außerhalb Württembergs findet man Trollingerweine kaum, nur 34 Hektar – so verrät die Statistik – liegen außerhalb dieser Region. Die Konzentration auf eines der südlichsten deutschen Anbaugebiete hat vor allem klimatische Gründe, da die Rebe eine lange Vegetationsperiode zur vollen Reife benötigt.

Geschichte

Durch die Jahrhunderte hinweg haben sich die Trollinger-Weine zu einem „schwäbischen Nationalgetränk“ entwickelt. Ihr unverwechselbarer Geschmack und ihre Leichtigkeit machen sie zu einem beliebten Begleiter zur deftigen Brotzeit, einem Stück hellem Fleisch oder auch zu neutralem Frischkäse. Die Kellermeister bauen die meisten Trollinger-Weine zu frischen, kernigen und bodenständigen Tropfen aus. Eine gewisse Restsüße verleiht ihnen zusätzliche Süffigkeit, während die leichte Struktur und der feinblumige Duft einen zarten Muskatton oder ein Wildkirschenaroma verraten. Die Weine Präsentieren sich im Glas meist in einem hellen Rot, das in guten Jahren auch rubinrot schimmern kann. Es werden auch Weißherbst-Varianten angeboten, die mit ihrer leichten Frische begeistern.

Eine Besonderheit des Trollingers ist der häufige Verschnitt mit Lemberger, einer weiteren Rotweinsorte aus Württemberg. Durch diese Kombination entstehen einzigartige Cuvées, die die Stärken beider Rebsorten vereinen und den Weinen eine zusätzliche Komplexität verleihen. Die saftigen Beeren des Trollingers sind aber nicht nur für den Weinbau von Bedeutung, sondern erfreuen sich auch als Tafeltrauben großer Beliebtheit.

Die Geschichte des Trollingers ist eng mit der schwäbischen Kultur verbunden. Durch seine lange Tradition in Württemberg hat er sich zu einem Symbol des Landes entwickelt. Von Generation zu Generation wurde das Wissen über den Anbau und die Vinifizierung weitergegeben, um den charakteristischen Geschmack und die Qualität der Trollinger-Weine zu bewahren.

Der Trollinger ist jedoch nicht nur ein lokaler Geheimtipp. Auch außerhalb der Region erfreut er sich immer größerer Beliebtheit. Kenner schätzen seine unkomplizierte Art und die Möglichkeit, ihn bereits im Jahr nach der Ernte trinken zu können. Die Weine höherer Prädikate sind zwar selten, aber wenn man sie findet, wird man mit einer herausragenden Qualität belohnt.

Leidenschaft

Wenn ich heute ein Glas Trollinger trinke, denke ich an die Geschichte und die Leidenschaft, die darin eingefangen sind. Es ist mehr als nur ein Wein. Es ist ein Stück schwäbische Kultur und Identität, das mit jedem Schluck genossen wird. Die Reise des Trollingers von seinen Ursprüngen in Südosteuropa bis hin zu seinem heutigen Status als schwäbisches Nationalgetränk ist eine faszinierende Geschichte, die im Glas lebendig wird.

Also, wenn du das nächste Mal eine Flasche Trollinger öffnest, tauche ein in die Welt der schwäbischen Weinkultur, spüre die Verbundenheit mit der Geschichte und genieße den einzigartigen Geschmack dieses wunderbaren Rotweins. Prost!

Weintraube - Bild von mendocino53 auf Pixabay
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